ALBRECHT DÜRER

RHINOCERUS

Holzschnitt. 21,1 x 29,7 cm
Bartsch 136; Meder 273 / 8. Ausgabe; Schoch-Mende-Scherbaum 241
Wasserzeichen: Fünfzackige Schellenkappe


Exzellenter Abzug einer der populärsten Bildschöpfungen des Meisters, die, obwohl ohne eigene Anschauung entstanden, über 2 Jahrhunderte die Vorstellung von dem exotischen Tier in Europa bestimmte.
Wie von Meder speziell für die 8. Ausgabe beschrieben, mit dem durch alle vier Beine und den Rüssel gehenden horizontalen Sprung, und den Wurmlöchern im Ohr, Augenlid und Horn.
Gleichwohl, höchst ungewöhnlich, noch immer von schönster Klarheit und Prägnanz im Lineament, so daß die detaillierte graphische Textur sich in eindrucksvollem Kontrast vom Weiß des Papiers abhebt. Ganz so, wie von Dürer ursprünglich intendiert, im Unterschied zu der unmittelbar vorausgehenden Ausgabe durch den Amsterdamer Verleger Willem Janssen, der das >RHINOCERUS< um einen Farbdruckstock ergänzt als effektvolles Clair-Obscur-Blatt auf den Markt gebracht hatte.
Mit 1-2 mm Rand um die Einfassungslinie. Die rechte obere Ecke nahezu unkenntlich wieder angefügt. Sonst perfekt und strahlend schön.
Das durch Dürers Flugblatt in ganz Europa bekannt gemachte Rhinozeros hatte, aus Indien kommend, am 20. Mai 1515 den Hafen von Lissabon als Geschenk für König Manuel I. erreicht. Die Ankunft des den Zeitgenossen bislang nur aus römischen Schriftquellen bekannten Tieres löste sogleich Staunen und Bewunderung aus. Die Neuigkeit verbreitete sich schnell und erreichte Nürnberg über einen ausführlichen Bericht des in Lissabon lebenden Druckers Valentin Ferdinand, der sich nebenbei auch als Handelsmakler und Nachrichtenagent betätigte. Ferdinands Bericht, dem möglicherweise auch eine Skizze beigefügt war, bildete die Grundlage für Dürers Komposition, die er zunächst als Federzeichnung (British Museum) zu Papier brachte, bevor er sie auf den Holzstock übertrug.
Mit der Vermarktung des >Rhinocerus< als auflagenstarkes Flugblatt kam Dürer dem Sensationsverlangen seiner Zeitgenossen entgegen und ging auf ihre Freude an spektakulären Naturgebilden und an bizarren Objekten ein, die durch Entdeckungsreisen und Überseehandel nach Europa gelangten. Er bediente aber auch die Neugier an Indien, dem Herkunftsland des Nashorns. Seit der aufsehenerregenden Expedition dreier deutscher Schiffe, die 1505/06 als Teil einer portugiesischen Flotte von Lissabon nach Kozhikode (Calicut) segelten, war das fremde Land nämlich in aller Munde… (Y. Doosry


Provenienz

Provenienz: Norddeutsche Privatsammlung

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