AEGIDIUS SADELER
Herkules und Omphale. Nach B. Spranger
circa 1600
Kupferstich
43.9 x 31.8 cm (17 ¹/₄ x 12 ¹/₂ inches)
Wasserzeichen: Wappen mit Augsburger Pinienzapfen (ähnlich Briquet 2118, datiert Augsburg 1566-1600)
Provenienz
Max Machanék (Lugt 1775)
Amsler & Ruthardt, Berlin, Auktion am 23. November u. f. Tage 1891, Nr. 1503
Überblick
Brillantes Exemplar.
Ohne jede Schwäche in homogenem Tiefschwarz gedruckt, so daß sowohl die mitunter an- und abschwellenden Liniensysteme, die an Goltzius‘ sogenannten ‚Sprangerstil‘ gemahnen, ebenso perfekt in ihrer körperbildenden Funktion zur Geltung kommen wie die dicht gefügten Kreuzlagen des Hintergrundes, mit denen Sadeler die effektvoll beleuchteten Figuren kontrastiert, um das für Sprangers Kompositionen der 1590er Jahre so charakteristische Chiaroscuro einzufangen.
Mit feinem Rändchen um die Plattenkante. Drei Eckspitzen abgeschrägt. Ein kleines Braunfleckchen auf der Hüfte des Herkules, sonst in sehr schöner, frischer Erhaltung.
Ägidius gilt als fruchtbarster und talentiertester Stecher der Sadeler-Familie nach Entwürfen von B. Spranger. Seit er 1597 zum kaiserlichen Hofstecher avanciert war, dürften ihm die Bildschöpfungen Sprangers aus erster Hand bekannt gewesen sein.
Die heute nicht mehr greifbare Vorlage des vorliegenden Kupferstichs reiht sich ein in eine Folge von Arbeiten in denen sich der Künstler immer wieder mit dem der Antikensage entnommenen Thema des von der der lydischen Königin Omphale als Sklave gekauften Herkules beschäftigt hat – ein ausgeprägt erotisch aufgeladenes Sujet der Weibermacht: Während sich der antike Held aus Liebe zu seiner Herrin erniedrigen, zum Spinnen verdammen lässt und ihr Kleid trägt, hat sie sich seiner Insignien bemächtigt. Die Rechte auf die Keule gestützt, trägt sie sein Löwenfell keck wie ein modisches Accessoire auf dem Kopf, den sie mit triumphierendem Blick dem Betrachter zuwendet. Noch scheint sie nicht zu merken, daß Herkules, bei aller Verzagtheit, beginnt, offenbar wieder Tritt zu fassen. In einem Anflug seines ehemaligen Mutes setzt er bereits wieder seinen Fuß auf die Keule, die doch eigentlich die seine war.
Frei von solcher Ironie, besingen die Verse des Unterrandes die Macht der Liebe:
Den weder Krieg noch Not schreckt noch des Himmels leuchtende Gestirne bedrohen noch der Unterwelt dichter Schatten verjagt, der alles besiegt hat, der unterliegt als Besiegter der Liebe, der tauscht die Haut des Löwen, tauscht mit der Dirne das Gewand, gegen die Spindel die Keule, Weiberzeug insgesamt, und ist nicht mehr er selbst, der Alkide. Soviel vermag ein Weib, das einer lieb hat.